Transkreieren
Richtig verstehen - über die Wörter hinaus.
Ich hatte mal einen Dolmetschertermin bei einem Maschinenbauunternehmen in der Nähe von Regensburg wahrgenommen und wartete mit meinem deutschen Kunden auf die italienische Technikergruppe, die mit dem Auto direkt aus Italien angereist kam. Da sich die Gruppe verspätete, sollte ich telefonieren um nachzufragen, ob etwas passiert sei und ob sie wüssten, wie lange sie noch brauchen würden.Sie antworteten, dass sie durch einen Wolkenbruch gefahren seien und wetterbedingt kurz anhalten hätten müssen, aber sie seien schon fast am Ziel und es würde nur noch fünf Minuten bis zu ihrer Ankunft dauern.
Ohne zu zögern, übersetzte ich meinem Kunden, dass es noch eine Viertelstunde dauern würde. Exakt 15 Minuten später konnten wir sehen, wie das Auto in die Hofeinfahrt fuhr und der deutsche Techniker wunderte sich über die Genauigkeit, mit der die Italiener ihre Verspätung berechnet hatten.
Nun, was hatte ich in diesem Fall getan? Hatte ich mich eines Vorurteils über die zu Verspätungen neigenden Italiener bedient oder vielmehr genau das übertragen, was mir am Telefon vermittelt wurde? Aus dem Tonfall und der Satzstellung war nämlich herauszuhören, dass die angesagten fünf Minuten niemals eine reale Zeitangabe darstellten, sondern schlicht und ergreifend darlegen sollten, dass es nicht mehr lange dauern würde. Dies entspricht in der Zeitvorstellung eines Deutschen etwa 15 Minuten.
Hätte ich aber wortwörtlich die fünf Minuten als Zeitangabe übertragen, dann hätte ich nur weiteren Nährboden für unberechtigte Vorurteile geschaffen.
Nun, wenn man einen Text so überträgt, dass er nicht die genaue Wortübersetzung wiederbringt (die ja falsch wäre), sondern die Intention, die der Text in der Quellsprache vermitteln wollte, nennt man das TRANSKREIEREN.
Zur Erklärung schlage ich den Wikipedia-Eintrag vor (Stand 18.02.2019), der das Wesentliche trifft:
"Unter einer Transkreation versteht man in der Werbung die Übersetzung eines Werbetextes in eine andere Sprache unter Berücksichtigung veränderter kultureller Bedingungen und Zusammenhänge. Der Begriff stellt eine Synthese der Wörter Translation und Kreation dar. Der Ausgangstext wird dabei in der anderen Sprache an die spezifischen Bedürfnisse eines bestimmten geografischen Zielmarktes, einer Zielgruppe, eines Marktsegments oder einer Kundengruppe angepasst. Insbesondere werden auch unterschiedliche kulturelle und sprachliche Gepflogenheiten in den jeweiligen Kulturräumen, auf die eine Transkreation abzielt, berücksichtigt. Eine solche Werbeübersetzung wird auch als Adaption bezeichnet. Im angelsächsischen Sprachgebiet hat sich dafür bereits seit Längerem der Begriff der transcreation eingebürgert. Seit einiger Zeit hat sich im deutschsprachigen Raum in der Übersetzungsbranche analog der Terminus Transkreation etabliert. Eine dezidiert werbliche Übersetzung erfordert neben der übersetzerischen Qualifikation besondere Fähigkeiten, wie sie Texter in Werbeagenturen und Kommunikationsagenturen, sogenannte Copywriter auszeichnen, ebenso wie interkulturelle Kompetenz. Eine Transkreation ist demgemäß keine reine Wort-für-Wort-Übersetzung, sondern nimmt Bezug auf das branchenübliche Briefing, auf Englisch creative brief, das Grundlage jedes Werbetextes ist."
Aus der Definition kann man schließen, dass der Transkreator nicht nur als Übersetzer über beste Kenntnisse beider Sprachen verfügt, sondern auch eine profunde interkulturelle Kompetenz mitbringt, sowie die kreative Fähigkeit einen Text einschlägig und zielorientiert zu verfassen. Er ist also ein Werbetexter mit exzellenter interkultureller Kompetenz, d. h. dass er/sie für bestimmte Aufgaben - wenn es darum geht mit einer Botschaft eine bestimmte Zielgruppe zu treffen - genau der richtige und der einzige ist, der dieser Aufgabe gewachsen ist.
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